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Erinnerungen an die Abzweigstelle Anger von Uli Schimschock
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Eines der schönsten Stellwerke auf denen ich Dienst verrichtete, war die Abzweigstelle Anger in Ratingen. Als 21 Jahre junger DB-Assistent fing ich nach Ausbildung (1972-74) und Wehrdienst (1974/75) im Januar 1976 beim damaligen Bahnhof Ratingen West als Fahrdienstleiter an, erster Dienstposten war die Abzweigstelle Tiefenbroich. Im März 1976 wurde ich dann auch „auf Anger“, wie es damals hieß, ausgebildet. Eine Woche örtliche Einweisung und dann eine Prüfung, abgenommen vom Vorsteher des Bahnhofes und vom Chef der Signalmeisterei. | zur Orientierung klick zur Karte zurück über Ihren Browser |
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051 255 auf dem Weg Richtung Flandersbach aus Richtung Duisburg kommend
aufgenommen aus Abzw. Anger heraus |
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Der Dienst an sich war recht einfach, zwei Weichen, drei Signale und das dazugehörige Blockwerk stellten auch einen Anfänger nicht vor große Probleme. | |||||||||||||
050 003 aus Richtung Flandersbach kommend . Mit im Bild die Blocksignale A und B
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Zur Fahrt von Ratingen West nach Hofermühle gab es das Blocksignal A (Hp0 oder Hp2), von Abzw Tiefenbroich nach Hofermühle das Blocksignal B (Hp0 oder Hp1) und aus Richtung Hofermühle das Blocksignal C mit den beiden Fahrtmöglichkeiten nach Tiefenbroich (Hp0 oder Hp1) und Ratingen West (Hp0 oder Hp2) | |||||||||||||
Also hatte man vier Signalhebel auf der Hebelbank. Die erste Weiche war die Verbindung der beiden Streckengleise, die zweite führte vom Ratinger Streckengleis in den Anschluß Cromford und diente auch als Flankenschutzweiche für Fahrten von und nach Tiefenbroich. Die Strecke nach Ratingen West war ohne Streckenblock, die Zugfolge wurde also nur durch das Zugmeldeverfahren geregelt, technische Sicherung des Blockabschnitts Fehlanzeige, hier galt es besonders achtzugeben. Die Strecken nach Tiefenbroich und Hofermühle waren mit Streckenblock der Einheitsbauform ausgerüstet, es gab je ein Anfangs-, ein Endfeld und das Erlaubnisfeld welches auf eingleisigen Strecken nur einem der am Endpunkt liegenden Stellwerke technisch ermöglicht ein Signal in diese Strecke auf Fahrt zu stellen. Das Blockwerk der Abzw Anger hatte für den Gleisanschluß Bagel außen noch eine Schlüsselabhängigkeit. Der für die Anschlussgleisweiche vor Ort benötigte Schlüssel war am Blockwerk bei Zugfahrten unter Verschluß und konnte erst ausgehändigt werden, wenn blocktechnisch ausgeschlossen wurde das ein Zug nach oder von Hofermühle unterwegs war. Bei herausgenommenem Schlüssel war blocktechnisch die Strecke gesperrt, kein Signal konnte mehr auf Fahrt gestellt werden. Also fuhr die Bedienungsfahrt zum/vom Anschluß Bagel nicht als Zugfahrt sondern nach Sperrung des Streckengleises als Sperrfahrt nach einem besonderen Prozedere. | |||||||||||||
052 908 aufgenommen von der Brücke der Mülheimer Strasse über die Angertalban. Links im Bild im Schotter noch die Spuren des abgebauten Gleises zum Anschluss Cromford
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Ebenfalls als Sperrfahrt wurde der Anschluß Cromford bedient. Planmäßige Bedienungsfahrten in die Anschlüsse fanden 1976 nicht mehr statt, den „Bagelschlüssel“ habe ich nicht einmal ausgehändigt und in den Anschluß Cromford fuhr zu meiner Zeit nur einmal ein Schwerkleinwagen (Skl) der dort zu Gleisarbeiten eingesetzt war. Der normale Zugverkehr waren die Kalkzüge, Leergüterzüge und einige wenige Frachtenzüge, damals noch teilweise mit Stückgutwagen und die leerfahrenden Lokomotiven, Lz genannt. Der überwiegende Anteil lief in der Relation Ruhrgebiet / Flandersbach über die Abzw Tiefenbroich, von und nach Ratingen West fuhr damals täglich ein Leerzug nach und ein Kalkzug von Flandersbach mit Ziel Köln Kalk Nord. | |||||||||||||
Leerzüge aus beiden Richtungen (Duisburg hat "gewonnen")
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Die Verkehrstage der meisten Züge unterlagen dem „Abfuhrprogramm Kalk“, einer Fahrplananordnung die mit den Kunden abgestimmt war. Darüber hinaus verkehrten Sondergüterzüge die kurzfristig „eingelegt“ wurden. Diese Züge waren damals die interessantesten für mich, denn es konnte mit Dampflokbespannung gerechnet werden. Im Planbetrieb war seit Herbst 1975 die Angertalbahn verdieselt, es fuhr keine Dampflok mehr. So nahm ich zu einigen Diensten die Kamera mit um die letzten 50er auf einem wunderschönen Streckenstück zu fotografieren. Da die Abzweigstelle Anger über keinen Fernschreiber verfügte mit dem die Fahrplananordnungen der Sonderzüge bekanntgegeben wurden, bekam man erst über die Zugmeldung, d.h. kurz vor der Fahrt mit, dass ein Sonderzug verkehrte. Die Nachbarfahrdienstleiter in Tiefenbroich und Hofermühle wurden dann befragt ob der Zug mit Dampf oder Diesel bespannt war. Nicht wenige meiner Kollegen hielten mich wegen meiner Vorliebe für Dampfloks für einen Spinner, dennoch haben sie meine Anfragen stets beantwortet, manchmal rief sogar der Fahrdienstleiter Lintorf extra an: „Kamera fertigmachen, Zug ist dampfbespannt“ | |||||||||||||
050 220 angekündigt von den Kollegen
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Manchmal bekam ich auf dem Stellwerk auch Besuch von einem oder mehreren Eisenbahnfreunden, es hatte sich „in der Szene“ herumgesprochen wo die letzten Dampfzüge verkehrten, selbst Japaner und Engländer die nicht von „König Dampf“ lassen konnten habe ich am Abzw Anger erlebt. Da die Angertalbahn eingleisig war und ist, müssen Kreuzungsmöglichkeiten bestehen die Zugbegegnungen ermöglichen. Diese Zugreihenfolge regeln die Fahrdienstleiter untereinander, damals mittels Zugmeldeverfahren per speziellem Telefon, der Zugmeldeleitung. Kreuzungsmöglichkeiten waren die Bahnhöfe Lintorf, Hofermühle und Flandersbach. Das Stellwerk in Hofermühle war 1976 nur noch nachmittags (12-19 Uhr) „eingeschaltet“, d.h. während der übrigen Zeit fiel dieser Bahnhof für die Kreuzung aus, der Blockabschnitt war dann Abzw Anger Flandersbach. Wenn von Duisburg-Wedau ein Zug für Flandersbach abgelassen wurde, musste der Fahrdienstleiter (Fdl) Lintorf diesen Zug dem Fdl der Abzw Tiefenbroich anbieten, der wiederum bot den Zug umgehend dem Fdl Abzw Anger an. Wenn kein Zug aus Richtung Hofermühle unterwegs war, nahm der Fdl Anger den Zug an, Fdl Tiefenbroich daraufhin ebenfalls gegenüber dem Fdl Lintorf und der stellte dann die Signale auf Durchfahrt. Weigerte hingegen der Fdl Anger einen angebotenen Zug, weil von Hofermühle einer nahte, musste auch der Fdl Tiefenbroich gegenüber Fdl Lintorf weigern und der stellte daraufhin den Zug „an die Seite“, also nur Einfahrt in ein Ausweichgleis und dann warten auf Freisein der eingleisigen Strecke und Annahme durch den Fdl Abzw Anger. Die Züge wurden von den Fahrdienstleitern dann mit ihrer voraussichtlichen Durchfahrtzeit abgemeldet, wiederum über die sogenannte Zugmeldeleitung. An diese Leitung waren die Schrankenposten angeschlossen die aufgrund dieser Zugmeldungen ihre Schranken rechtzeitig schlossen. Zwischen Abzw Tiefenbroich und Anger befand sich der Posten 1 und zwischen Anger und Hofermühle am blauen See der Posten 1a. Es war wichtig die Zugmeldungen rechtzeitig und deutlich abzugeben aber zuvor hatte sich der jeweilige Schrankenposten aufgrund des Rufzeichens in der Zugmeldeleitung einzustellen, d.h. er klinkte sich in die Leitung ein und meldete sich mit „Posten 1“ oder „Posten 1a“. Erst wenn der Schrankenposten „auf Posten“ war, er sich also in der Leitung meldete, durfte das entsprechende Signal auf Fahrt gestellt werden. Das Stellwerk Abzw Anger und die beiden Schrankenposten waren 1976 rund um die Uhr besetzt von montags 4.30 bis samstags 21.30 und sonntags von 9.00 bis 14.00. Pro Werktag fuhren etwa 20-30 Züge, an Spitzentagen auch darüber. Der Spätdienst (13.00-20.00) hatte immer am meisten zu tun, der Frühdienst (6.00-13.00) war durchschnittlich und der Nachtdienst eher zum Ausruhen, wenn man Glück hatte fuhr zwischen 23.00 und 4.00 kein Zug, dann kam man morgens ausgeschlafen vom Nachtdienst nach Hause! Faszinierend war die Natur rund um das Stellwerk, die Pflanzen in ihrem jahreszeitlichen Wechsel und die unterschiedlichsten Tiere, wie oft habe ich in Zugpausen beobachten können wie Reh, Fuchs, Marder, Feldhase, Igel und Co ihren „Geschäft“ nachgingen. Ja es war eine schöne Zeit auf Abzw Anger, 1979 war für mich Schluß dort, aber als junger aufstrebender Eisenbahner will man auch mal dahin wo „Aktion“ ist. |
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Uli Schimschock im Mai 2007 |
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050 904 im Mai 1976 Lz Duisburg-Wedau - Flandersbach | |||
29. Mai 1976 - 053 075 mit einem Sonderzug aus Ratingen West kommend kurz vor Abzw. Anger | |||
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